Wunderkammern - Die Rückkehr der Opulenz in der Inneneinrichtung
17/10/2014 von Berit
Früher habe ich mein Kinder- und später Jugendzimmer selbst immer ein bisschen wie eine kleine Wunderkammer betrachtet. Ich habe Möbel gebaut, alle paar Wochen neu dekoriert und rangiert und immer wieder Deko und Kram von überall her angeschleppt. Meine Mutter bezeichnete das Ganze immer eher als Museum, nicht unbedingt als Wohnraum. Aber Viele von uns sind doch zumindest in ihrer eigenen Wohnung so etwas wie kleine Hobby-Innenarchitekten.
Im Buch Wunderkammern aus dem gestalten Verlag werden fünf bekannte Innenarchitekten bzw. Designstudios porträtiert und anhand der von ihnen gestalteten Wohnungen und Residenzen vorgestellt.
Im Vorwort weiht die Journalistin Shonquis Moreno uns zuerst einmal in das Geheimnis der wahren Wunderkammern oder Kunstkammern der Spätrenaissance und des Barock ein. Sie waren ein Vorgänger der späteren Museen und enthielten allerlei Kuriositäten und Raritäten, die dort, je nach unterschiedlicher Herkunft und Bestimmung sortiert, ausgestellt wurden. Adelige und reiche Bürger stellten auf diese Weise ihre manchmal sogar krankhaft und obszöne Sammelleidenschaft zur Schau.
Damals wie heute spiegelten sie den Zeitgeist, das Leben und den Charakter ihrer Erschaffer wider. Die Dinge die uns umgeben, sind schließlich ein Ausdruck dafür, welchen Platz wir in der Welt einnehmen.
Was ist also anders an diesem Buch? Diese Innenarchitekten lassen die ästhetische Eintönigkeit und den extremen Minimalismus hinter sich und setzen wieder auf die Individualität ihrer Einrichtungen und zusammengestellten Objekte. Ein Mix aus überraschenden Materialien, vermeintlich absurden Nebeneinanderstellungen und überraschenden Farben entsteht. Jeder dieser Kreativen ist selbst großer Sammler, ob auf der Suche nach Designerprodukten oder Gegenständen geheimnisvoller Herkunft.
Das türkische Designstudio Autoban wurde zum Beispiel in den Schubkarren Istanbuler Trödler fündig. Das Dimore Studio in Mailand entdeckte alte Wagengewichte und fertigte daraus Wandleuchter. Designer Jean-Christophe Aumas durchstöbert regelmäßig Flohmärkte, Auktionshäuser und Antiquitätenhändler in Paris und Antwerpen. David Hurlbut verwendet in seinem eigenen Zuhause nur Niedrigwattbirnen, die das Stromnetz nicht überlasten und richtet es mit übergroßen Möbeln ein, weil kleinere in den riesigen Räumen einfach untergehen würden.
Es entstehen opulente Stillleben, die Einiges vom Betrachter abverlangen. Komplexe Szenarien, die mehr als gesättigt sind und aus einem Ungleichgewicht von Extremen entstehen. So widersprüchlich wie die Charaktere ihrer Bewohner.
Wer also mittlerweile vom Anblick skandinavischen Designs in minimalistischen Wohnungen genug hat, der kann mit dem faszinierenden Buch Wunderkammern wieder auftanken und sich an einem Überschuss an Kreativität nähren.
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